Absprache zwischen Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden zur Einsetzung einer Beratenden Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz, von 2003, Neufassung 2016

  1. Für den Fall, dass im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz, in Einzelfällen der Anspruchsteller und der über das Kulturgut Verfügende eine Mediation wünschen, wird eine unabhängige Beratende Kommission gebildet, die im Bedarfsfall gemeinsam angerufen werden kann. Die Anrufung kann auf Seiten des über das Kulturgut Verfügenden durch öffentliche Einrichtungen erfolgen, für die die Washingtoner Prinzipien von 1998 sowie die Gemeinsame Erklärung von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden zu deren Umsetzung von 1999 unmittelbar gelten, sowie durch private kulturgutbewahrende Einrichtungen in Deutschland, die sich durch entsprechende Erklärung bei Antragstellung diesen Grundsätzen bindend unterwerfen. Ebenso ist eine Anrufung auf Seiten des über das Kulturgut Verfügenden durch Privatpersonen möglich, die ebenfalls eine solche verbindliche Erklärung abgeben.
  2. Die Kommission soll in jedem Verfahrensstadium auf eine gütliche Einigung hinwirken. Im Ergebnis ihrer Tätigkeit kann die Kommission Empfehlungen aussprechen, die mit ihrer Begründung veröffentlicht werden. Es wird erwartet, dass sowohl öffentliche Einrichtungen wie auch Private diese Empfehlungen befolgen.
  3. Die Kommission besteht aus bis zu zehn geeigneten Persönlichkeiten mit juristischem, ethischem, kulturellem und historischem Sachverstand, die kein herausgehobenes politisches Amt bekleiden. Die Kommissionsmitglieder werden von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und der Medien im Einvernehmen mit der Kultusministerkonferenz und den kommunalen Spitzenverbänden für eine Zeitdauer von zehn Jahren (bei Neuberufung) berufen. Die Kommissionsmitglieder werden ehrenamtlich tätig.
  4. Die Kommission gibt sich eine Verfahrensordnung, die öffentlich bekanntgemacht wird.
  5. Die Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste unterstützt die Beratende Kommission als Geschäftsstelle für organisatorische Aufgaben. Ein geeigneter Mitarbeiter/eine geeignete Mitarbeiterin nimmt die Aufgaben eines Geschäftsführers/einer Geschäftsführerin wahr.

Be­ra­ten­de Kom­mis­si­on im Zu­sam­men­hang mit der Rück­ga­be NS-ver­fol­gungs­be­dingt ent­zo­ge­nen Kul­tur­guts, ins­be­son­de­re aus jü­di­schem Be­sitz

Die unabhängige Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz, ist 2003 von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden eingerichtet worden, um bei Differenzen über die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter zu vermitteln. Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände setzen damit die in Punkt 11 der Washingtoner Prinzipien vorgesehene Einrichtung alternativer Mechanismen zur Klärung strittiger Eigentumsfragen um.

Die Kommission kann von Einrichtungen und Privatpersonen bei Meinungsverschiedenheiten über die Rückgabe von NS-Raubgut angerufen werden. Voraussetzung für das Tätigwerden der Kommission ist das Einverständnis beider Seiten, eine Mediation durch die Kommission herbeiführen zu wollen. Der Ablauf eines Verfahrens vor der Kommission richtet sich nach ihrer Verfahrensordnung.

Die Kommission kann zur Beilegung der Meinungsverschiedenheit rechtlich unverbindliche Empfehlungen geben. Sie kann beispielsweise die Rückgabe des Kulturguts oder die Rückgabe unter Zahlung einer Entschädigung empfehlen; ebenso kann sie den Verbleib des Kulturguts unter Zahlung einer Entschädigung empfehlen oder sich gegen eine Restitution aussprechen.

Der Kommission gehören bis zu zehn Mitglieder an. Berufen werden unabhängige Persönlichkeiten mit juristischem, ethischem, kulturellem und historischem Sachverstand, die kein herausgehobenes politisches Amt bekleiden. Die Kommissionsmitglieder sind ehrenamtlich tätig. Ihre Berufung erfolgt durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien im Einvernehmen mit der Kulturministerkonferenz der Kultusministerkonferenz und den kommunalen Spitzenverbänden.

Die Beratende Kommission NS-Raubgut hat eine eigene Geschäftsstelle mit Sitz in Berlin, die fachlich unmittelbar dem Kommissionsvorsitz unterstellt ist.

Die Kommissionsmitglieder

Die Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz, besteht aus bis zu zehn geeigneten Persönlichkeiten mit juristischem, ethischem, kulturellem und historischem Sachverstand, die kein herausgehobenes politisches Amt bekleiden. Die Kommissionsmitglieder werden von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Einvernehmen mit der Kultusministerkonferenz und den kommunalen Spitzenverbänden für eine Zeitdauer von zehn Jahren (bei Neuberufung) berufen. Die Kommissionsmitglieder sind ehrenamtlich tätig.

Die Kommissionsmitglieder wählen aus ihren Reihen eine:n Vorsitzende:n der Kommission sowie eine:n Stellvertreter:in.

Erste Vorsitzende der Kommission war von 2003 bis September 2016 Prof. Dr. Jutta Limbach. Der stellvertretende Vorsitz wurde bis 2008 von Prof. Dr. Thomas Gaethgens wahrgenommen. Ihm folgte Prof. Dr. Reinhard Rürup, der seit Ende 2015 schließlich als amtierender Vorsitzender tätig war.

Am 9. November 2017 wurde Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier als neuer Vorsitzender der Kommission und Prof. Dr. Wolf Tegethoff als stellvertretender Vorsitzender gewählt.

Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, Vorsitzender
2002–2010 Präsident des Bundesverfassungsgerichts; 1991–1998 Vorsitzender der Unabhängigen Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR; 1996–1998 stellvertretender Vorsitzender der Ethikkommission der Bayerischen Landesärztekammer.

Prof. Dr. Wolf Tegethoff, stellvertretender Vorsitzender 
1991–2017 Direktor des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München; Gastprofessuren in Bonn, Haifa und Venedig; seit 2000 Honorarprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Marieluise Beck
ehemalige Vorsitzende der ersten Bundestagsfraktion der Grünen; 1983–2017 (mit Unterbrechun­gen) Abgeordnete des Deutschen Bundestages; 2002–2005 Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend; 1998–2005 Ausländerbeauftragte der Bundesregierung; Mitglied der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa; Gründung der Hilfsorganisation Brücke der Hoffnung; Vorstandsvorsitzende des Petersburger Dialogs und Direktorin Mittel-/Osteuropa im Zen­trum Liberale Moderne; Auszeichnungen: Bundesverdienstkreuz am Bande, Ramer Award for Coura­ge in the Defense of Democracy des American Jewish Committee.

Marion Eckertz-Höfer
1988–1993 Amtschefin (Ministerialdirigentin) im Frauenministerium Schleswig-Holstein; 1993–2014 Bundesverwaltungsgericht Berlin/Leipzig (2001 Vorsitzende Richterin, 2002–2007 Vizepräsidentin, 2007–2014 Präsidentin). Ab 2015 Vorsitzende der Kommission Öffentliches Recht und Verfassungs­recht des Deutschen Juristinnenbundes e.V.

Prof. Dr. Raphael Gross
Seit 2017, Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum. 2015–2017 Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für jüdische Geschichte und Kultur und Professor für Jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig; 2006–2015 Direktor des Jüdischen Museums Frankfurt a.M.; 2007–2015 Direktor des Fritz Bauer Instituts und Honorarprofessor am Historischen Seminar der Goethe Universität in Frankfurt a.M.; 2001–2015 Direktor des Leo Baeck Institute London.

Dr. Eva Lohse
1987–1995 im Landesdienst Rheinland-Pfalz; 1996–2001 Dozentin an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit; 2002–2017 Oberbürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen am Rhein; 2013–2015 Vizepräsidentin, 2015–2017 Präsidentin des Deutschen Städtetags.

Dr. Sabine Schulze
2008–2018 Direktorin des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg; 1996–2008 Leitung der Sammlung des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart am Städelmuseum Frankfurt am Main; 1989–1996 Ku­ratorin und Mitglied der Geschäftsführung an der Schirn Kunsthalle Frankfurt am Main; 1984–1989 Wissenschaftliche Mitarbeiterin Liebieghaus Skulpturensammlung Frankfurt am Main.

Dr. Gary Smith
1997–2014 Founding Executive Director der American Academy in Berlin (seit 2015, Senior Fellow and Executive Director Emeritus); 1992–1998 Gründungsdirektor der Stiftung Einstein Forum in Potsdam; Gastprofessur an der University of Chicago 1994 und 2002.

Prof. Dr. Rita Süssmuth
Professorin für Erziehungswissenschaft an den Universitäten Bochum und Dortmund und Direktorin des Forschungsinstituts Frau und Gesellschaft in Hannover; 1988–1998 Präsidentin des Deutschen Bundestages; 1985–1988 Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit; 2001–2002 Vorsitzende der Zuwanderungskommission der Bundesregierung; 2003–2005 Vorsitzende des Sachverständigenrats für Zuwanderung und Integration. Seit 2006 Präsidentin des Deutschen Polen-Instituts, sowie seit 2010 Präsidentin des deutschen Hochschulkonsortiums der Deutsch-Türkischen Universität in Istanbul (K-DTU).